Arbeitsrecht

Kündigung und Kündigungsschutz

Bei einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Kein Kleinbetrieb

Es müssen im Betrieb regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sein, so geregelt seit 1.1.2004. Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 31.12.2003 begründet wurden, gilt ein Wert von mehr als 5 Arbeitnehmern, allerdings nur solange, wie die Anzahl der „Altarbeitnehmer“ diesen Wert noch überschreitet. Sinkt die Zahl der „Altarbeitnehmer“ auf 5 oder weniger, verlieren auch diese Ihren Kündigungsschutz. Es sei denn, es werden mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, so dass wieder die Neuregelung eingreift.

2. Wartezeit

Das Arbeitsverhältnis muß länger als 6 Monate in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterberechung bestanden haben. Liegen diesen Voraussetzungen vor, kann eine fristgerechte Kündigung nur bei einem Kündigungsgrund erfolgen. Dies können betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe sein.

Betriebsbedingte Kündigung

Betriebsbedingte Gründe sind dringende betriebliche Erfordernisse, das heißt, die Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer muß entfallen. Das ist zum Beispiel bei einer Betriebsstillegung der Fall, aber nicht bei einem Betriebsübergang. Zusätzlich darf keine weniger einschneidende Maßnahme, insbesondere eine Versetzung des Arbeitnehmers statt Kündigung, möglich sein (ultima-ratio-Prinzip der Kündigung). Schließlich muß eine soziale Auswahl unter den zu kündigenden Arbeitnehmers stattfinden. Es sind Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung zu berücksichtigen.

Personenbedingte Kündigung

Dieser Grund liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer dauerhaft die Fähigkeit oder Eignung dafür fehlt, die Arbeitsleistung ganz oder zum Teil zu erbringen. Das kann auch eine Erkrankung sein. Ferner muß eine negative Prognose vorliegen, nach der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht mit der alsbaldigen Wiederherstellung der Fähigkeiten oder Eignung des Arbeitnehmers gerechnet werden kann. Durch die fehlenden Fähigkeiten oder Eignung müssen Störungen des Arbeitsverhältnisses entstehen. Es muß sich um eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers handeln. Es muß eine Interessenabwägung zwischen Arbeitnehmerinteressen und betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erfolgen. Auch hier gilt, es darf keine Möglichkeit einer zumutbaren anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit in demselben Betrieb oder einem anderen Betrieb des Unternehmens bestehen.

Verhaltensbedingte Kündigung

Wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und dieses Verhalten von ihm steuerbar ist, kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Es muß sich um eine schwerwiegende Verletzung von Vertragspflichten handeln. Der Arbeitgeber muß durch das Verhalten konkret geschädigt werden. Beispiel hierfür ist ein Verstoß gegen das Alkoholverbot im Betrieb oder Arbeitsverweigerung. Es muß zu befürchten sein, dass es auch in Zukunft zu einer Störung des Arbeitsverhältnisses kommt (Prognoseprinzip). In der Regel ist vor einer Kündigung hier eine Abmahnung durch den Arbeitgeber erforderlich. Ist die Abmahnung unberechtigt, kann der Arbeitnehmer deren Entfernung aus der Personalakte verlangen. Auch hier hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob die Störung durch das Verhalten des Arbeitnehmers nicht durch eine Umsetzung des Arbeitnehmers beseitigt werden kann, was dem Arbeitgeber aber möglich und zumutbar sein muß. Schließlich muß auch hier eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände auf Arbeitnehmerseite und Arbeitgeberseite erfolgen.

Kündigungsschutzklage

Ist eine der obigen Voraussetzungen nicht gegeben, ist die Kündigung unwirksam und es kann mit Aussicht auf Erfolg Kündigungsschutzklage erhoben werden. Auch eine an sich unwirksame Kündigung ist wirksam, wenn nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung vom Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben wird.

 

Überstunden

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte hierzu folgenden Fall zu entscheiden: 

Ein Kraftfahrer für Viehtransporte hatte nach seinem Vertrag "bei dringendem betrieblichem Bedarf" Überstunden zu leisten. Weiter besagte der Vertrag, dass eventuelle Mehrarbeit mit dem Gehalt pauschal abgegolten ist.

Diese Regelung der Überstundenbezahlung ist nach der Entscheidung des BAG unwirksam, da sie nicht transparent ist. Eine pauschale Abgeltung von Überstunden ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls auf ihn zukommt und welche Leistungen er für die vereinbarte Bezahlung maximal erbringen muss.

Bei dieser Klausel ist weder der Umfang der Überstunden bestimmt, noch die Voraussetzungen unter denen Überstunden zu leisten sind, also wann ein dringender betrieblicher Bedarf vorliegen soll. Hier war noch nicht einmal erkennbar, ob die Überstunden auf die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit begrenzt sein sollten. Deshalb verstößt die Klausel gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist unwirksam (BAG vom 16.05.2012 Az. 5 AZR 347/11, NJW 2012, 2680). 

Der Arbeitnehmer konnte daher nach der allgemeinen gesetzlichen Regelung (§ 612 Abs. 1 BGB) eine Bezahlung der Überstunden verlangen. Die Vorinstanzen hatten noch anders entschieden.

Ebenso hat das BAG im Fall eines Lagerarbeiters, in dem eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vereinbart war die Klausel, dass für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung gezahlt werde, als intransparent, also unwirksam angesehen (BAG vom 22.02.2012 Az. 5 AZR 765/10).

Möglich und wirksam ist eine Vereinbarung, dass Überstunden bis zur 20. Überstunde im Gehalt bereits enthalten sind und erst ab der 21. Überstunde bezahlt werden, so wurde im Fall eines Disponenten entschieden (BAG vom 16.05.2012 Az. 5 AZR 331/11). In dem Fall war diese Vereinbarung sogar nur mündlich getroffen worden.

Fehlt eine vertragliche Regelung oder ist sie unwirksam, sind Überstunden zu bezahlen, wenn diese Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen Bezahlung zu erwarten ist.

Bei Diensten höherer Art (Leitende Angestellte) ist das regelmäßig nicht der Fall, dann sind Überstunden mit dem (höheren) Gehalt abgegolten oder auch in anderen Arbeitsverhältnissen, wenn der Lohn an sich schon besonders hoch ist.

Anders bei dem Kraftfahrer im Fall oben, er konnte in dem Fall grundsätzlich Bezahlung von Überstunden verlangen. Es kommt dann weiter im Prozess darauf an, den genauen Umfang der Überstunden darzulegen.

Der Arbeitnehmer muss dabei darlegen, und – im Bestreitensfall- beweisen, welche  Normalarbeitszeit er hat und zu den Überstunden, an welchen Tagen er von wann bis wann gearbeitet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers bereitgehalten hat. Der Arbeitgeber muss dann im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen- nicht- nachgekommen ist.

Ein Kraftfahrer, dem bestimmte Touren zugewiesen werden, genügt seiner Darlegungslast bereits dadurch, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat.

Es ist dann Sache des Arbeitgebers unter Auswertung seiner Aufzeichnungen (z.B. Tachoscheiben), zu denen er nach § 21a Absatz VII Arbeitszeitgesetz verpflichtet ist, im Einzelnen darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen in geringerem zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.

   

Kosten

In Arbeitsrechtsstreitigkeiten trägt zumindest bis zum Abschluß der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht jede Partei ihre Kosten selbst. Also auch dann, wenn etwa eine Klage Erfolg hat, gibt es keine Kostenerstattung vom Gegner, wie sonst im Zivilrecht. Hier kann eine Rechtsschutzversicherung hilfreich sein oder wenn ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht (siehe Verfahrenskostenhilfe/Prozesskostenhilfe). Die Kosten bestimmen sich nach dem Gegenstands- oder Streitwert, der bei Kündigungsschutzklagen dem Lohn/Gehalt (brutto) eines Vierteljahres entspricht. Sie finden im Internet Prozesskostenrechner z.B. unter Spiegel-Online.de, wo Sie mit Eingabe des Streit- oder Gegenstandswertes die Kosten selbst berechnen können.

 

Keine Aufklärungspflicht: Arbeitgeber muss Arbeitnehmer bei Aufhebungsvertrag nicht rechtlich beraten

Im öffentlichen Dienst: Anspruch auf Zusatzlohn oder Freizeitausgleich bei Leistung von Überstunden

Bei fehlender Prüfungsmöglichkeit: Arbeitgeber muss im Zweifel beweisen, dass er Arbeitslohn gezahlt hat

Nach Arbeitsunfall: Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Schmerzensgeld gegen Arbeitgeber

Auslandsdienstreise: Übernachtungspauschale entfällt, wenn Arbeitgeber Kosten erstattet

Erneute Bagatell-Kündigung: Fristlose Kündigung nach Verzehr kleiner Speisereste von Patientenessen unwirksam

 

 

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